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Die seit Anfang 2022 stark gestiegenen Spritpreise sind sowohl für Pendler und Familien als auch für viele Unternehmen zu einer enormen Belastung geworden. In den Medien kursieren teils sogar Berichte von Berufstätigen, für die sich der Weg zur Arbeit gar nicht mehr lohnt, da sie fürs Tanken einen zu großen Teil ihrer Vergütung aufwenden müssen. Auf Seite der Unternehmen kämpfen insbesondere viele Handwerksbetriebe, Taxiunternehmen oder Speditionen mit den Folgen der dramatischen Kostensteigerungen.

Eine schnelle Besserung der Lage ist nicht in Sicht. So dauert der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, welcher der hauptsächliche Preistreiber für die emporgeschnellten Benzin- und Dieselpreise ist, unvermindert an. Die Bundesregierung wirkt in ihren Maßnahmen und Vorschlägen zunehmend hilflos. Der Anfang Juni eingeführte Tankrabatt verpufft bis dato wirkungslos, da die Mineralölkonzerne die Steuersenkungen durch eigene Preiserhöhungen ausgleichen.

Unternehmer und Pendler suchen daher vermehrt selbst nach Optionen, mit dem Kostendruck umzugehen. Eine mögliche Alternative zu den fossilen Kraftstoffen wäre das Tanken von Biogas, entweder als CNG (Compressed Natural Gas bzw. Erdgas) oder LNG (Liquefied Natural Gas, zu Deutsch Flüssiggas). Doch was ist Biogas überhaupt? Auf welche Art und Weise wird es hergestellt, und wie genau ist der definitorische Unterschied zu Erdgas? Und lohnt sich Biogas tanken finanziell gesehen überhaupt? All dies beleuchten wir im folgenden Beitrag.

Was ist Biogas und wie entsteht es?

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Als Biogas wird ein aus verschiedenen chemischen Elementen bestehendes Gasgemisch bezeichnet, welches durch das Vergären von Biomasse entsteht. Der Zersetzungsvorgang wird dabei anaerob, also unter Ausschluss von Sauerstoff, durchgeführt. Als Biomasse können höchst unterschiedliche Komponenten zum Einsatz kommen; neben nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Getreide, Traubentrester oder Schnittresten von Pflanzen kann beispielsweise Gülle verwendet werden. Auch bei der Klärschlammentsorgung kann Biogas gewonnen werden.

Dieser als sogenanntes Substrat fungierenden Biomasse werden anschließend Mikroorganismen respektive Bakterien zugesetzt, damit der Fäulnisprozess in Gang kommt. Der ganze Vorgang findet in eigens konstruierten Biogasanlagen statt. In mehreren Zwischenetappen wird dort die Biomasse zerlegt, sodass zum einen das in der Kuppel gesammelte Biogas und zum anderen übrigbleibende Gärreste entstehen. Letztere können als äußerst mineralstoffreiches, eher geruchsarmes und organisches Düngemittel weiterverwendet werden.

Biogas vs. Erdgas

Biogas ist, wie bereits beschrieben, ein organisch durch Fermentation erzeugtes Gemisch aus verschiedenen chemischen Elementen. Je nach verwendetem Substrat besteht es aus etwa 50 bis 65 % Methan, ca. 35 % Kohlendioxid und kleineren Resten anderer Elemente wie Wasser, Stickstoff und Kohlenwasserstoff. Erdgas ist hingegen ein fossiler, also nur begrenzt verfügbarer, Energieträger. Je nach Reinheitsgrad enthält Erdgas zwischen 75 und 99 % Methan.

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Der Methangehalt ist der entscheidende Faktor für die weitere Nutzung. Die benötigte Wärmeenergie wird nämlich durch die Verbrennung des geruchlosen Methans erzeugt. Biogas muss daher nach dem im vorherigen Absatz geschilderten Gewinnungsprozess zunächst noch veredelt werden, bevor es als sogenanntes Bioerdgas ins Erdgasnetz eingespeichert werden kann. Nach Beendigung des Veredelungsprozesses liegt der Methangehalt des Bioerdgases bei ca. 96 %. Somit ist es von seiner Beschaffenheit her ebenbürtig zu seinem fossilen Pendant. Alternativ zur Veredelung kann das Biogas auch vor Ort in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme umgewandelt werden.

Vor- und Nachteile von Biogas

Der geschilderte Herstellungsprozess von Biogas bringt, in Bezug auf die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich.

Vorteile

  • Biogas ergänzt andere regenerative Energien wie Wind- und Sonnenenergie hervorragend, da die Erzeugung unabhängig von den aktuell vorherrschenden Wetterverhältnissen durchgeführt werden kann. Flauten in der Solar- und Windstromerzeugung können somit ausgeglichen werden. Zudem ist Biogas speicherbar. Insgesamt ist Biogas ein weiterer Mosaikstein, der zur angestrebten Energieunabhängigkeit Deutschlands beitragen kann.
  • Biogas ist CO₂-neutral. Dies liegt daran, dass die als Substrat verwendete Biomasse vor ihrer Zersetzung genau so viel Kohlendioxid gebunden hat, wie bei der Erzeugung und späteren Verbrennung des Biogases freigesetzt werden.
  • Zudem kann Biogas einen Beitrag zur von Politik und Umweltverbänden angestrebten Kreislaufwirtschaft leisten. Die oberste Maxime dieses Konzeptes ist die Vermeidung unnötiger Rohstoffverschwendung durch Wiederverwendung, Recycling etc. Wie bereits beschrieben, können die bei der Gaserzeugung anfallenden Gärreste als Düngemittel eingesetzt werden. Hierdurch kann der in seiner Erzeugung sehr energieintensive Kunstdünger ersetzt werden. Obendrein trägt dies zur Geruchsreduktion in der Landwirtschaft bei, da die bei Düngern üblicherweise unangenehm riechenden Gase als Biogas gebunden und vom Düngemittel getrennt wurden.
  • Nicht zuletzt können durch Biogas auch lange Transportwege (im Vergleich mit anderen Energieträgern) vermieden werden, je mehr Anlagen zur Erzeugung existieren.
  • Für Landwirte bieten Biogase eine zusätzliche, lukrative Einnahmequelle durch die Vergütung für die Einspeisung ins Stromnetz.

Nachteile

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  • Der größte Kritikpunkt, der auch immer wieder in der Politik kontrovers diskutiert wird, ist das Binden von Anbaufläche für die Kultivierung von energiehaltigen Pflanzen. Insbesondere vor dem Hintergrund der sich durch den Ukraine-Krieg anbahnenden Nahrungsmittelkrise stellt sich die Frage, ob verfügbare Ackerfläche nicht bevorzugt für die Lebensmittelerzeugung verwendet werden sollte. Laut dem Umweltbundesamt stammt nämlich nur ca. 20 % der zur Gaserzeugung verwendeten Biomasse aus ohnehin anfallenden Reststoffen oder Gülle. Für die restlichen 80 % werden Mais oder andere Energiepflanzen in großen Monokulturen gezüchtet. Diese Monokulturen schädigen jedoch bekanntermaßen das biologische Gleichgewicht der Natur.
  • Zwar sind die von den Gasen separierten Gärreste nahezu geruchsfrei, allerdings treten während der Produktion von Biogas kleinere Mengen an Gasen aus. Dies sorgt für eine Geruchsbelästigung bei Anwohnern, die in unmittelbarer Nähe zu Produktionsanlagen wohnen.
  • Bei den zuvor genannten austretenden Gasen handelt es sich hauptsächlich um Methan. Laut Umweltbundesamt entweichen, vornehmlich bei technisch älteren Anlagen, bis zu fünf Prozent des produzierten Biogases in die Atmosphäre. Problematisch ist dies, weil Methan als klimaschädlich klassifiziert wurde.
  • Die Produktion ist mit Sicherheitsrisiken verbunden; so können Gülle und Gärreste bei unsachgemäßer Lagerung oder Beschädigungen der Produktionsräume die Qualität des Trinkwassers gefährden. Zudem sind die Biogase hochentzündlich.
  • Sofern das Biogas nicht weiter aufbereitet, sondern direkt vor Ort in einem Blockheizkraftwerk genutzt wird, ist dies wenig effizient. Nach Angaben von EnBW, einem der größten Strom- und Gasversorger Deutschlands, wird dabei nämlich nur ein Drittel des Biogases wirklich für die Stromproduktion aufgewendet. Die verbleibenden zwei Drittel können als Wärmeenergie vor Ort oftmals gar nicht genutzt werden.

Lohnt sich der Umstieg?

Sofern Biogas zu Bioerdgas weiterverarbeitet wird, kann es entweder unter Einsatz von hohem Druck zu CNG komprimiert werden oder anschließend noch einmal heruntergekühlt und als LNG gebraucht werden. Beide Sorten können als alternativer Kraftstoff zum Einsatz kommen. Der Fahrdienstleister Flixbus beispielsweise hat bereits begonnen, einen kleinen Teil seiner Fahrzeugflotte entsprechend umzurüsten. Insgesamt existieren in Deutschland mit Stand Januar 2022 etwa 810 CNG- sowie 100 LNG-Tankstellen.

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Rund 640 der genannten CNG-Tankstellen bieten reines Biogas an. Auf den ersten Blick erscheint CNG vergleichsweise günstig – so liegt der Preis pro Kilogramm im Sommer 2022 bei etwa einem Euro und damit deutlich unter den Kosten pro Liter Benzin oder Diesel. Obendrein ist CNG deutlich energiedichter. Ein neuer Mittelklassewagen mit etwa 130 PS verbraucht nur ca. vier Kilogramm des hochkomprimierten Gases pro 100 gefahrenen Kilometern.

Anschaffungskosten

Allerdings sind die Anschaffungskosten von Neufahrzeugen mit entsprechender Vorrüstung (nötig ist insbesondere ein stabiler Druckbehälter) deutlich höher als bei Vergleichsmodellen, die auf Benzin oder Diesel setzen. Bei einem VW Golf liegt der Aufpreis beispielsweise bei 8.000 €. Zu beachten ist auch, dass der Druckbehälter alle 15 Jahre ausgewechselt werden muss. Die Kosten hierfür belaufen sich auf um die 5.000 €. Die Nachrüstung eines Gebrauchtwagens lohnt sich in der Regel nicht; dies liegt unter anderem daran, dass CNG wesentlich heißer verbrannt werden muss als Benzin oder Diesel und der Fahrzeugantrieb im Wechselfall entsprechend nachbearbeitet werden müsste. Somit rentiert sich eine Anschaffung von CNG-Fahrzeugen vornehmlich für Vielfahrer, die mit ihrem Fahrzeug mehr als 100.000 km zurücklegen wollen. Auch für Unternehmen, die viele LKWs oder Busse in ihrem Fuhrpark haben, kann Biogas tanken sinnvoll sein.